Epidermolysis bullosa (EB) und medizinisches Cannabis

Die selten vorkommende Hautkrankheit Epidermolysis bullosa (EB) zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Blasenbildung der Haut aus. Kinder mit EB werden als „Schmetterlingskinder“ bezeichnet, da die Haut so zart und zerbrechlich wie die Flügel eines Schmetterlings ist. Betroffen sind von der Krankheit nur ungefähr zwei bis drei von 100.000 Menschen.

Die Ursache ist erblich bedingt, bzw. sind die Gene verändert, die den Aufbau von Eiweißmolekülen bestimmen, die wiederum dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Hautschichten zusammenhalten. Unterschieden wird die Epidermolysis bullosa in die folgenden Formen:

  • Epidermolysis bullosa simplex
  • Dystrophische Epidermolysis bullosa
  • Junktionale Epidermolysis bullosa
  • Kindler-Syndrom

Der Unterschied zwischen den einzelnen Formen liegt in der jeweiligen Genveränderung und den betroffenen Eiweißmolekülen. Zusätzlich zu den zuvor genannten Formen existieren noch rund 40 weitere Unterformen, die sich in Bezug auf die Ausprägung der Krankheit und der Prognose unterscheiden. Gemeinsam haben alle Patienten, dass sie eine besonders empfindliche Haut haben.

In der Regel zeigen sich die ersten Symptome wie Blasen, offene Hautstellen und Wunden schon nach der Geburt.

Eine kausale Therapie oder eine Heilung der Krankheit existiert derzeit nicht. Deshalb stehen im Vordergrund die Schmerztherapie, die Wundversorgung der betroffenen Hautstellen sowie die Vorbeugung von Wunden. Sollte es zu Kontrakturen oder Verwachsungen kommen, können diese mithilfe eines chirurgischen Eingriffes behandelt werden.

Das Endocannabinoidsystem und die Haut

Studien konnten bereits zeigen, dass sich in der Haut Endocannabinoid-Signalwege befinden, die für unterschiedliche Prozesse bedeutend sind. So fanden Forscher heraus, dass der Gehalt von den Endocannabinoiden Anandamid und 2-AG in der Haut nach einem irritierenden Reiz stark ansteigt (1). Vermutlich ist dies eine adaptive Antwort des Körpers, um Entzündungen und/oder Schmerzen zu verringern.

In den Hautzellen selbst scheint das Endocannabinoidsystem ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen. Sowohl Anandamid als auch 2-AG können die Entwicklung der Hautzellen beeinflussen. Das gilt vor allem für die äußerste Zellschicht der Haut (Epidermis), da hier auch Cannabinoidrezeptoren nachgewiesen werden konnten (2).

Behandlung mit CBD-Öl

Die Forscher der Stanford University (USA) präsentierten im Jahr 2018 die Ergebnisse ihrer Beobachtungsstudie an drei Fällen (3):

  • Fall 1: Einsechs Monate altes Baby mit schwerer EB wurde mit einer rezeptfreien Petrolatum-Salbe (Vaseline) und Emu-Öl zur Wundversorgung behandelt. Zudem erhielt das Baby das topische Antibiotikum Mupirocin, das Antihistaminikum Diphenydramin und Morphin. Im Rahmen der Studie wurde regelmäßig ein CBD-Spray auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen.
  • Fall 2: Ein dreijähriges Mädchen mit schwer ausgeprägter EB wurde mit Kokosnussöl, einer Petrolatum-Salbe, einer Zinkoxid Allantoin 6 Prozent Creme und dem topischen Antibiotikum Bacitracin behandelt. Im Anschluss wurde regelmäßig eine Mischung aus CBD-Öl und Emu-Öl auf die wunden Stellen aufgetragen.
  • Fall 3: Ein zehnjähriger Junge mit schwerer EB erhielt ein Antibiotikum, das Schmerzmittel Naproxen und das Antiepileptikum Gabapentin, das auch bei Nervenschmerzen eingesetzt wird. Regelmäßig wurde dann CBD-Öl auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen.

Im ersten Fall verringerte sich die Blasenbildung und die Wunden heilten schneller. Außerdem benötigte das Baby weniger Morphin. Auch im zweiten und dritten Fall bildeten sich weniger Blasen und es kam zu einer schnelleren Wundheilung. Zudem war eine deutliche Schmerzlinderung zu verzeichnen. Der zehnjährige Junge konnte sogar die Medikamente Naproxen und Gabapentin absetzen.

Behandlung mit THC und CBD

Im Jahr 2019 führten Forscher der University of Groningen (Niederlande) aus, dass die Opioid-basierte Therapie bei der Behandlung der Epidermolysis bullosa unterstützend eingesetzt werden kann. Bei einem signifikanten Anteil der Patienten könne jedoch damit keine ausreichende Schmerzlinderung erreicht werden. Da Cannabinoid-basierte Medikamente zunehmend in der Therapie von chronischen Schmerzen untersucht werden, stellen sie eine neue Option in der Schmerzbehandlung bei EB dar.

Die Forscher stellten drei Patienten mit EB vor, denen sublingual Cannabinoid-basierte Medikamente in pharmazeutischer Qualität, bestehend aus Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol, verschrieben wurde. Alle drei Patienten berichteten über eine deutliche Schmerzlinderung, reduzierten Juckreiz und eine Dosisreduzierung der allgemeinen Schmerzmittel.

(1) Bíró T, Tóth BI, Haskó G, Paus R, Pacher P. The endocannabinoid system of the skin in health and disease: novel perspectives and therapeutic opportunities. Trends Pharmacol Sci. 2009;30(8):411-420. doi:10.1016/j.tips.2009.05.004

(2) Maccarrone M, Di Rienzo M, Battista N, Gasperi V, Guerrieri P, Rossi A, Finazzi-Agrò A. The endocannabinoid system in human keratinocytes. Evidence that anandamide inhibits epidermal differentiation through CB1 receptor-dependent inhibition of protein kinase C, activation protein-1, and transglutaminase. J Biol Chem. 2003 Sep 5;278(36):33896-903. doi: 10.1074/jbc.M303994200. Epub 2003 Jun 18. PMID: 12815050.

(3) Chelliah MP, Zinn Z, Khuu P, Teng JMC. Self-initiated use of topical cannabidiol oil for epidermolysis bullosa. Pediatr Dermatol. 2018 Jul;35(4):e224-e227. doi: 10.1111/pde.13545. Epub 2018 May 22. PMID: 29786144.

(4) Schräder NHB, Duipmans JC, Molenbuur B, Wolff AP, Jonkman MF. Combined tetrahydrocannabinol and cannabidiol to treat pain in epidermolysis bullosa: a report of three cases. Br J Dermatol. 2019 Apr;180(4):922-924. doi: 10.1111/bjd.17341. Epub 2018 Nov 14. PMID: 30347109; PMCID: PMC7379189.

 

 

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About Alexandra

Alexandra Latour verfügt über langjähre Erfahrungen als Autorin im medizinischen Bereich. Ab dem Jahr 2017 hat sie sich als Medical Writer auf das Thema Cannabis als Medizin spezialisiert und war für Leafly Deutschland tätig.

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