Menopause und Cannabinoide

Irgendwann über 40 nimmt bei den meisten Frauen die Fruchtbarkeit ab. Dieser Prozess ist völlig normal. Allerdings kann diese Phase des Umbruchs und der hormonellen Umstellung von massiven körperlichen Beschwerden wie Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen und Schlafstörungen geprägt sein. Das beeinträchtigt die Lebensqualität der betroffenen Frauen zum Teil erheblich. Cannabinoide können in dieser Zeit dabei helfen, die Symptome zu verbessern.

Klimakterium – Umbruch in mehreren Phasen

Zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr beginnt der Menstruationszyklus der Frau unregelmäßig zu werden. Der Körper reduziert allmählich die Produktion des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen. Diese Zeit der hormonellen Umstellung wird Wechseljahre oder Klimakterium genannt. Es ist der Übergang von der fortpflanzungsfähigen (fertilen) zur unfruchtbaren (infertilen) Lebensphase.

Durchschnittlich mit 52 Jahren erleben Frauen in Mitteleuropa ihre letzte Menstruation. Es sind aber Abweichungen um mehrere Jahre in die eine oder andere Richtung möglich. Dieser Zeitpunkt wird Menopause genannt. Mit Erreichen der Menopause kann eine Frau nicht mehr schwanger werden. Die Eizellen einer Frau bilden sich bereits, wenn sie selbst noch ein Embryo ist. Zum Zeitpunkt der Menopause ist dieses Kontingent an Eizellen – der sogenannte Follikelpool – aufgebraucht.

Wann eine Frau die Menopause erreicht hat, kann immer nur retrospektiv bestimmt werden, nachdem die Menstruation für 12 Monate ausgeblieben ist. Jetzt beginnt die Phase der Postmenopause.

Mediziner teilen die Wechseljahre in folgende Abschnitte auf:

  • Prämenopause: Zeitraum zwischen dem Auftreten der ersten unregelmäßigen Menstruationszyklen und der letzten Monatsblutung. (Zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr)
  • Menopause: Zeitpunkt der letzten Menstruation. (Durchschnittlich mit 52 Jahren)
  • Postmenopause: 12 Monate nach der letzten Periodenblutung und bis zum 65. Lebensjahr. (Danach benutzen Ärztinnen und Ärzte den Begriff “Senium”.)
  • Perimenopause: Zeitraum von etwa ein bis zwei Jahren um die Menopause herum.

Beschwerden während der Wechseljahre

Wann die ersten klimakterischen Zyklusstörungen auftreten, ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Auch wie die Wechseljahre verlaufen, ihre Dauer, wann begleitende Beschwerden auftreten, wie lange sie anhalten und wie intensiv sie sind – all dies ist sehr individuell.

“So ist etwa ein Drittel aller Frauen nahezu symptomfrei und ein Drittel hat moderate Beschwerden, die durch Lebensstilinterventionen ausgeglichen werden können. Ein Drittel der Frauen leidet jedoch unter starken, therapiebedürftigen Beschwerden, die die Lebensqualität mitunter erheblich beeinträchtigen.” [1]

Während des Klimakteriums muss sich der weibliche Körper dem stärker werdenden Östrogendefizit anpassen. Mögliche Beschwerden sind Zyklusunregelmäßigkeiten, teilweise begleitet von Schmerzen, spannenden Brüsten und Migräne. Häufig treten Hitzewallungen und Schweißausbrüche auf.

Veränderungen in der Vagina (Atrophie des Plattenepithels) können zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, vaginaler Trockenheit und Problemen beim Wasserlassen (Miktionsproblemen) führen. Darüber hinaus können Schwindel, Kopfschmerzen, Verstopfung und der Verlust der Libido auftreten.

Einige Frauen leiden auch unter Stimmungsschwankungen, bis hin zu Depressionen oder Angstzuständen. Als weitere psychische Symptome können Schlafstörungen, Unruhe, und Reizbarkeit auftreten.

Beschwerden / Symptome des Klimakteriums:

  • Schweißausbrüche
  • Hitzewallungen
  • Unregelmäßige und starke Menstruation
  • Regelschmerzen
  • Herzrasen (Tachykardie)
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen
  • Verstopfung
  • Libidoverlust
  • Schlafstörungen
  • Depressive Verstimmungen / Labilität
  • Ängste
  • Innere Unruhe
  • Reizbarkeit
  • Vaginitis (Scheidenentzündung)
  • Vaginale Trockenheit

Beschwerden nach der Menopause

Nach der Menopause bleiben die typischen klimakterischen Symptome häufig noch einige Jahre. Da sich die Schleimhaut der Vagina verändert und nicht mehr so viel Feuchtigkeit produziert, können Beschwerden wie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und vaginale Infekte auftreten. Weitere Probleme können trockene Haut, Haarausfall oder Haarwuchs im Gesicht sein, wie auch Muskel- und Gelenkschmerzen. Durch den sinkenden Östrogenspiegel erhöht sich das Risiko für Osteoporose.

Therapie gegen Wechseljahresbeschwerden

Die gängigste medizinische Behandlung der Wechseljahresbeschwerden ist die hormonelle Ersatztherapie, genannt HRT oder HT. Dabei werden meist Östrogene und Gestagene in Kombination oral eingenommen, damit sie systemisch – also im ganzen Körper – wirken.

Der Nutzen der Hormonersatztherapie ist eindeutig belegt, sie bringt allerdings auch verschiedene Risiken mit sich. Heute gehen Mediziner davon aus, dass eine HT das Risiko von Brustkrebs (Mammakarzinom) gering erhöht. Auch die Gefahr von Herz-Kreislauferkrankungen und Thrombosen kann mit einer Hormonersatztherapie wachsen, wie auch das Risiko von Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom). Daher sollte die HT nur zum Einsatz kommen, nachdem die Patientin gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin sorgfältig die möglichen Vor- und Nachteile sowie die Risikofaktoren abgewogen hat. [1]

Zur Behandlung der vaginalen Schleimhaut werden auch Hormonpräparate eingesetzt, die lokal auf der Haut angewendet werden, beispielsweise in Form von Cremes, Zäpfchen oder Spray. Diese können auch mit hormonfreien Mitteln zur Befeuchtung, wie Gleitmitteln und Cremes, kombiniert werden. Alternative Therapien sind beispielsweise die Neuraltherapie oder Phytotherapeutika – also Arzneimittel aus Pflanzen – mit östrogenähnlicher Wirkung.

Cannabinoide können vor und nach der Menopause helfen

Eine weitere mögliche Alternative für die Behandlung der Beschwerden während der Wechseljahre sind Cannabinoide. Das Endocannabinoid-System in unserem Körper reguliert Stimmung, Schmerz, die Geschlechtsorgane und vieles mehr. All diese Bereiche werden durch die hormonelle Umstellung der Menopause beeinflusst.

Zur Wirkweise von Cannabis als Medizin speziell in den Wechseljahren gibt es leider kaum Untersuchungen. Es liegen jedoch zahlreiche Forschungsarbeiten vor zur Cannabinoid-Therapie bei typischen klimakterischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, depressiven Stimmungen und anderen. Diese zeigen, dass medizinisches Cannabis bei den typischen Wechseljahresbeschwerden helfen kann.

Cannabidiol (CBD) kommt hier eine wichtige Rolle zu, denn der nicht-psychotrope Wirkstoff der Cannabispflanze fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Damit unterliegt es nicht den strikten Regelungen zur Verschreibung, wie es bei Tetrahydrocannabinol (THC) der Fall ist. CBD kann von Ärztinnen und Ärzten wesentlich einfacher verschrieben werden und es ist sogar ohne Rezept erhältlich.

Schlafstörungen

Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2017 hat den Stand der Forschung zu Cannabis und Schlaf bis 2014 zusammengefasst. Die Ergebnisse legen nahe, dass Cannabidiol (CBD) ein therapeutisches Potenzial zur Behandlung von Schlaflosigkeit haben kann. Darüber hinaus zeigte sich, dass Tetrahydrocannabinol (THC) die Fähigkeit besitzt, die Einschlafphase zu verringern. Gleichzeitig besteht aber das Risiko, dass der Wirkstoff die Schlafqualität langfristig beeinträchtigt. [2]

2019 hat eine aktuelle Übersichtsarbeit ebenfalls die vorliegenden Studien zum Thema Cannabinoide und Schlaf untersucht. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Studien, die den Einsatz von Cannabinoiden bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und chronischem Schmerz erforschten.

Diese Überblicksstudie zeigt, dass Cannabinoide die Schlafqualität verbessern, Schlafstörungen verringern und die Einschlafphase verkürzen können [3]. Viele der begutachteten Studien zeigen einen positiven Effekt auf den Schlaf. Kritikpunkte der Forscher sind jedoch, dass die Stichproben klein sind und die Auswirkungen auf den Schlaf nur als sekundäres Ergebnis im Zusammenhang mit einer anderen Krankheit untersucht wurden.

Eine neue, randomisierte klinische Doppelblindstudie schließt diese Lücke und beleuchtet gezielt die Wirksamkeit eines medizinischen Cannabis-Produkts auf die Behandlung chronischer Schlaflosigkeit. Die Untersuchung des Centre for Sleep Science der University of Western Australia erzielte positive Ergebnisse und zeigte, dass die Cannabis-Therapie wirksam und sicher ist. [4]

Die Studienteilnehmenden, die mit medizinischem Cannabis behandelt wurden, schliefen schneller ein und signifikant länger. Nach dem Aufwachen gelang es ihnen rascher, wieder in den Schlaf zu finden. Die Behandlung führte zu deutlichen Verbesserungen der Lebensqualität. Dazu gehörte auch das Gefühl, nach dem Schlaf ausgeruht zu sein, sich weniger gestresst und weniger ermüdet zu fühlen. Insgesamt hatten die Teilnehmenden den Eindruck, “besser zu funktionieren” [4].

CBD gegen depressive Stimmungen

Immer mehr Menschen nutzen CBD für verschiedene Beschwerden, aber nur wenige Studien haben die Gründe für den zunehmenden CBD-Gebrauch untersucht. Aus diesem Grund haben Wissenschaftler mithilfe einer Online-Umfrage versucht herauszufinden, wofür Menschen CBD einnehmen und wie zufrieden sie sind. Die Ergebnisse der anonymisierten Befragung zeigen, dass fast 62 Prozent der CBD-Anwender den Wirkstoff zur Behandlung einer Erkrankung nutzen. Dabei waren die drei am häufigsten genannten Krankheiten Schmerzen, Angstzustände und Depressionen. [5] 

Fast 33 Prozent der Befragten berichteten, dass CBD ihre Beschwerden „sehr gut allein behandelt“, während nur 4,3 Prozent angaben, CBD hätte einen “nicht sehr guten” Effekt. Die Wissenschaftler kommen daher zu dem Ergebnis, dass Menschen CBD als spezifische Therapie für eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen einsetzen, insbesondere aber bei Schmerzen, Angstzuständen, Depressionen und Schlafstörungen.

Verschiedene präklinische Studien mit Nagetieren haben die signifikante antidepressive Wirkung von Cannabidiol bestätigt. Das genaue Verständnis, wie CBD gegen Depression wirkt, fehlt allerdings bisher. Eine weitere Studie mit Mäusen deutet darauf hin, dass die durch CBD induzierte antidepressive Wirkung von den Serotoninspiegeln im zentralen Nervensystem abhängig ist. [6]

Cannabis und Schmerzen

In den Wechseljahren können eine Reihe von unterschiedlichen Schmerzen auftreten, wie Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und starke Regelschmerzen. Cannabinoide erzielen positive Effekte bei chronischen Schmerzen. Die schmerzstillende (analgetische) Wirkung von Cannabis ist allerdings bisher nicht ausreichend erforscht.

Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass Cannabinoid-Medikamente das Auftreten von Schmerzen verhindern können, indem sie die Schmerzschwelle geringfügig erhöhen, aber nicht die Intensität der Schmerzen verringern. Stattdessen können Cannabinoide dafür sorgen, dass sich Schmerzen erträglicher anfühlen. [7]

Inzwischen liegen zahlreiche Belege dafür vor, dass Cannabinoide einen therapeutischen Nutzen bei Schmerzen besitzen. Und das gilt auch für die Behandlung von Migräne und Kopfschmerzen. Dies belegt eine Metastudie aus den USA. [8]

Eine andere interessante Forschungsarbeit aus den USA hat sich der Frage gewidmet, welche Symptome Cannabispatienten mit ihrem Medikament behandeln. Für diese Studie wurden die Daten von mehr 2.000 Personen ausgewertet. Die Untersuchung zeigte, dass vor allem chronische Schmerzen mit Cannabinoiden behandelt wurden. 24 Prozent der Studienteilnehmenden gaben an, Cannabis gegen ihre Kopfschmerzen oder Migräne einzusetzen. [9]

Cannabinoide in den Wechseljahren

Es gibt zahlreiche Studien, die die Wirkung von Cannabinoiden auf verschiedene Wechseljahresbeschwerden untersucht haben, wie Schmerzen, Stimmungsschwankungen und Schlafprobleme. Diese Untersuchungen zeigen, dass Cannabinoide hilfreich sein können und die Symptome lindern.

Allerdings hatten diese Studien nicht primär die Menopause im Fokus. Stattdessen handelt es sich um Forschungsarbeiten zu diversen anderen Erkrankungen. Kontrollierte klinische Studien, die primär die Wirkung von Cannabinoiden während des Klimakteriums untersuchen, fehlen bisher. Solche Forschungen können zu einem besseren Verständnis davon führen, wie sich während der Menopause das Endocannabinoid-System und die Hormone gegenseitig beeinflussen. Diese Ergebnisse könnten zu einem gezielten Einsatz von Medizinalcannabis als Behandlungsoption während der Wechseljahre führen.

 

[1] Henes M, Hübner, S. Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause. Internist 2020. 61:558-564

[2] Babson KA, Sottile J, Morabito D. Cannabis. Cannabinoids, and Sleep: a Review of the Literature. Curr Psychiatry Rep. 2017;19(4):23. doi:10.1007/s11920-017-0775-9

[3] Kuhathasan N, Dufort A, MacKillop J, Gottschalk R, Minuzzi L, Frey BN. The use of cannabinoids for sleep: A critical review on clinical trials. Exp Clin Psychopharmacol. 2019;27(4):383-401. doi:10.1037/pha0000285

[4] Medicinal Cannabis Effective for Chronic Insomnia in Clinical Trial. Practical Neurology 2020.

[5] Corroon J, Phillips JA. A Cross-Sectional Study of Cannabidiol Users. Cannabis Cannabinoid Res. 2018;3(1):152-161. Published 2018 Jul 1. doi:10.1089/can.2018.0006

[6] Sales AJ, Crestani CC, Guimarães FS, Joca SRL. Antidepressant-like effect induced by Cannabidiol is dependent on brain serotonin levels. Prog Neuropsychopharmacol Biol Psychiatry. 2018;86:255-261. doi:10.1016/j.pnpbp.2018.06.002

[7] De Vita MJ, Moskal D, Maisto SA, Ansell EB. Association of Cannabinoid Administration With Experimental Pain in Healthy Adults: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Psychiatry. 2018;75(11):1118–1127. doi:10.1001/jamapsychiatry.2018.2503

[8] Baron EP. Medicinal Properties of Cannabinoids, Terpenes, and Flavonoids in Cannabis, and Benefits in Migraine, Headache, and Pain: An Update on Current Evidence and Cannabis Science. Headache. 2018;58(7):1139-1186. doi:10.1111/head.13345

[9] Baron EP, Lucas P, Eades J, Hogue O. Patterns of medicinal cannabis use, strain analysis, and substitution effect among patients with migraine, headache, arthritis, and chronic pain in a medicinal cannabis cohort. J Headache Pain. 2018;19(1):37. Published 2018 May 24. doi:10.1186/s10194-018-0862-2

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About Gesa Riedewald

Gesa Riedewald is the managing director of Kalapa Germany. She has been working as a medical writer on the topic of pharmaceutical cannabis since 2017 and has years of experience in the healthcare sector.

Gesa Riedewald ist die Geschäftsführerin von Kalapa Deutschland. Sie ist bereits seit 2017 als medical writer für das Thema Cannabis als Medizin tätig und besitzt jahrelange Erfahrung im Bereich Healthcare.

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