Cannabinoide bei CED

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED), zum Beispiel Morbus Crohn (MC), Colitis Ulcerosa (CU) und einige weniger bekannte Formen, belasten die Betroffenen in Alltag und Lebenszufriedenheit immens. Auch das Auftreten von CED nimmt kontinuierlich zu: So stieg die Zahl der Betroffenen weltweit von 3,7 Mio. im Jahr 1990 auf 6,8 Mio. im Jahr 2017 an [1]. Neuere Studien legen nahe, dass Cannabinoide die Lebensqualität der Patient*innen verbessern können.

Allen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist gemein, dass die Entzündungswerte der Betroffenen in Blut und Stuhl erhöht sind. Darüber hinaus wechseln sich aktive Phasen der Erkrankung mit starken Durchfällen, Bauchschmerzen sowie Gewichtsverlust und auf der anderen Seite beschwerdefreie Intervalle („Remission“) ab. Ziel jeglicher Therapie ist es daher, die belastenden Symptome abzuschwächen und die Zahl der Krankheitsschübe zu verringern. Eine vollständige Heilung ist aktuell nicht möglich, auch wenn lang anhaltende Ruhephasen erzielt werden können.

Wie werden chronisch-entzündliche Darmerkrankungen behandelt?

Welche Medikamente zum Einsatz kommen, hängt von der Stelle im Darm ab, die von der Entzündung betroffen ist. Außerdem wird zwischen der Behandlung des akuten Schubs und der Therapie in den beschwerdefreien Intervallen unterschieden.

Zur medikamentösen Therapie kommen in Frage:

  • Kortikosteroide
  • Entzündungshemmer wie Aminosalizylate und Januskinase-Hemmer
  • Immunsuppressiva
  • Biologika (so genannte monoklonale Antikörper)

Schwere Fälle machen mitunter eine Operation notwendig [2].

Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie

Leider bringt die Therapie mit Steroiden einige unangenehme Nebenwirkungen wie zum Beispiel Osteoporose oder Gewichtszunahme mit sich. Auch die Behandlung mit Immunsuppressiva erhöht das Risiko für Pilz- und Virusinfektionen, da die körpereigenen Abwehrkräfte unterdrückt werden.

Viele CED-Betroffene suchen daher nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten, auch wenn sich die Einnahme von Steroiden meist nicht komplett vermeiden lässt.

Ist Medizinalcannabis eine Behandlungsalternative bei CED?

Cannabinoide besitzen entzündungshemmende und schmerzstillende Eigenschaften, welche die quälenden Beschwerden von CED-Betroffenen lindern können.

Hohe Akzeptanz von Cannabinoiden bei CED-Betroffenen

So scheint Cannabis bei den Patient*innen schon heute beliebt: Im Rahmen einer Meta-Analyse kamen österreichische Forscher*innen 2017 zu dem Ergebnis, dass die Betroffenen Cannabis individuell positive Effekte auf ihre Krankheit – zum Beispiel weniger Durchfall, Bauchschmerzen oder Übelkeit – zuschreiben [3].

Ein ähnliches Resultat liefert eine Querschnittsumfrage aus Deutschland (2021): Cannabisbasierte Arzneimittel bessern den Befragten zufolge die CED-typischen Beschwerden wie Bauchschmerzen, innere Unruhe oder Ängste (4).

Mehr Lebensqualität durch medizinisches Cannabis bei Morbus Crohn

Im Rahmen einer Placebo-kontrollierten Studie konnte ein israelisches Forscherteam die noch dünne Datenlage zur Verbesserung von Morbus Crohn-Symptomen durch Medizinalcannabis verbessern.

Insgesamt wurden für die Untersuchung 56 Personen rekrutiert. Eine Gruppe erhielt acht Wochen lang ein Cannabisöl mit einem hohen Anteil Cannabidiol und einem geringen Teil Tetrahydrocannabinol (160/40 mg/ml CBD/THC). Die andere Gruppe nahm ein Scheinmedikament ein. Im Vorfeld waren Krankheitsparameter – unter anderem Entzündungswerte und endoskopische Veränderungen im Darm – erhoben worden.  

In der Cannabis-Gruppe wurde nach zwei Monaten eine signifikante klinische Verbesserung bei der „gesundheitsbezogenen Lebensqualität“ gemessen. Keine signifikanten Besserungen ergaben sich dagegen bei den Entzündungsparametern und endoskopischen Veränderungen im Darm [5].

Darmerkrankungen: Weniger Angstzustände und besserer Schlaf durch pharmazeutisches Cannabis  

CED geht häufig mit starker psychischer Belastung einher – besonders während der aktiven Krankheitsschübe. Auch hier scheint medizinisches Cannabis Abhilfe zu schaffen: So zeigt eine aktuelle Auswertung des Imperial College in London, dass Cannabisarzneimittel Angstzustände und Schlafqualität bei Patient*innen mit Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa verbessern können. In die Analyse waren die Daten von 76 Personen eingeflossen, die Proband*innen wurden vor der Therapie mit Medizinalcannabis schriftlich befragt und nach einem sowie drei Monaten erneut [6].

Vorteile von Cannabinoiden bei CED

  • Wirken entzündungshemmend
  • Verbessern die Mobilität im Darm
  • Lindern Schmerzen
  • Steigern das Wohlbefinden
  • Weniger Steroide benötigt

Fazit

Die Therapie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gleicht häufig einer Gratwanderung: In akuten Krankheitsphasen kann auf Steroide meist nicht verzichtet werden, gleichzeitig verursachen die Wirkstoffe unangenehme Nebenwirkungen. Es bleibt daher die herausfordernde Aufgabe der Betroffenen und ihrer Behandler*innen, diejenigen Maßnahmen zu finden, welche das beste individuelle Therapieergebnis ermöglichen.

Medizinisches Cannabis kann ein Baustein innerhalb dieser Therapieplanung sein, indem es entzündungshemmend sowie schmerzlindernd wirkt und darüber hinaus die Lebenszufriedenheit der Patient*innen steigert.

Quellen:

[1] Alatab, S., Sepanlou, S. G., Ikuta, K., Vahedi, H., Bisignano, C., Safiri, S., Sadeghi, A., Nixon, M. R., Abdoli, A., Abolhassani, H., Alipour, V., Almadi, M. A. H., Almasi-Hashiani, A., Anushiravani, A., Arabloo, J., Atique, S., Awasthi, A., Badawi, A., Baig, A. A. A., & Bhala, N. (2020). The global, regional, and national burden of inflammatory bowel disease in 195 countries and territories, 1990–2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. The Lancet Gastroenterology & Hepatology, 5(1), 17–30. https://doi.org/10.1016/s2468-1253(19)30333-4

[2] Das Gastroenterologie-Portal: CED – Chronisch entzündliche Darmerkrankungen. (n.d.). Dasgastroenterologieportal.de. Retrieved January 11, 2023, from https://dasgastroenterologieportal.de/CED_Chronisch_entzuendliche_Darmerkrankungen.html

[3] Hasenoehrl, C., Storr, M., & Schicho, R. (2017). Cannabinoids for treating inflammatory bowel diseases: where are we and where do we go? Expert Review of Gastroenterology & Hepatology, 11(4), 329–337. https://doi.org/10.1080/17474124.2017.1292851

[4] Langhorst, J., & Häuser, W. (n.d.). Querschnittserhebung: Cannabiskonsum von CED- Betroffenen in Deutschland. Bauchredner1/2022, 82–89.

[5] Naftali, T., Bar-Lev Schleider, L., Almog, S., Meiri, D., & Konikoff, F. M. (2021). Oral CBD-rich Cannabis Induces Clinical but Not Endoscopic Response in Patients with Crohn’s Disease, a Randomised Controlled Trial. Journal of Crohn’s and Colitis. https://doi.org/10.1093/ecco-jcc/jjab069

[6] Dalavaye, N., Erridge, S., Nicholas, M., Pillai, M., Bapir, L., Holvey, C., Coomber, R., Rucker, J. J., Hoare, J., & Sodergren, M. H. (2022). The effect of medical cannabis in inflammatory bowel disease: analysis from the UK Medical Cannabis Registry. Expert Review of Gastroenterology & Hepatology, 1–14. https://doi.org/10.1080/17474124.2022.2161046

About Mirjam Hübner

Mirjam Hübner ist Diplom-Journalistin und arbeitet als Redakteurin und Kommunikationstrainerin. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in Journalismus und Unternehmenskommunikation, vor allem in den Bereichen Gesundheit und Finanzdienstleistung.