Drei bis zehn Prozent der Menschen in Deutschland klagen nachts über einen starken Bewegungsdrang in den Beinen. Meist auch über kribbelnde und schmerzende Beine. Dann sprechen Mediziner von dem sogenannten Restless-Legs-Syndrom (RLS), eine häufig vorkommende neurologische Erkrankung.
Die Studienlage zur Therapie mit medizinischem Cannabis bei Bewegungsstörungen ist noch nicht eindeutig. Die bisherigen Ergebnisse sind jedoch vielversprechend.
Restless-Legs-Syndrom: Typische Symptome
Das Hauptsymptom des Restless-Legs-Syndroms (RLS) sind unruhige Beine („restless legs“). Betroffene verspüren den Drang, ihre Beine ständig zu bewegen. Zusätzlich kann es auch zu unangenehmen Gefühlen bzw. Missempfindungen wie Ziehen oder Kribbeln in den Beinen kommen. Nicht selten treten auch krampfähnliche Beschwerden und Schmerzen auf.
Grundsätzlich erleben Patienten das RLS unterschiedlich. Während für die einen der Bewegungsdrang besonders qualvoll ist, leiden andere unter den Missempfindungen. Außerdem sind nicht immer gleichzeitig beide Beine betroffen. So können die Beschwerden auch nur in einem Bein auftreten oder sie treten abwechselnd in beiden Beinen auf.
Typisch für das RLS ist jedoch, dass sich die Symptome im Sitzen und Liegen verschlechtern. Bewegungen verschaffen hingegen Linderung. Begleitend kann es noch zu folgenden Symptomen kommen:
- Ein- und Durchschlafstörungen
- Müdigkeit am Tag
- Erschöpfung
- Konzentrationsstörungen
Restless-Legs-Syndrom: Was sind die Ursachen?
Bislang sind die genauen Ursachen nicht geklärt. Forscher vermuten, dass der Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn gestört sein könnte – ähnlich wie bei der Parkinson-Erkrankung, bei der ebenfalls Bewegungsstörungen auftreten. Infolge dieser Störung kann es zu fehlerhaften Übertragungen von Nervensignalen kommen. Aber auch eine Störung im Hirnstamm und Kleinhirn könnte ursächlich sein.
Eine erbliche Komponente kann ebenfalls als mögliche Ursache infrage kommen. Inzwischen wurde auch ein Gen identifiziert, das an der Entstehung der neurologischen Erkrankung beteiligt sein könnte. Jedoch sind die genauen Zusammenhänge noch nicht geklärt. Zudem ist es fraglich, ob dies die alleinige Ursache ist.
Welche Formen des Restless-Legs-Syndroms gibt es?
Beim RLS wird zwischen den beiden folgenden Formen unterschieden:
- Primäres Restless-Legs-Syndrom (idiopathische Form): Die Ursachen sind hier nicht bekannt.
- Sekundäres Restless-Legs-Syndrom: Bei der sekundären Form tritt die Krankheit infolge anderer Erkrankungen auf. So können beispielsweise die Erkrankungen Diabetes mellitus, Polyneuropathie, Multiple Sklerose, Parkinson-Syndrom oder Schilddrüsenfunktionsstörungen ein RLS auslösen. Ursächlich können aber auch unter anderem ein Vitamin-B12-Mangel, Folsäuremangel oder Eisenmangel sein.
Welche Medikamente können das Restless-Legs-Syndrom verursachen?
Mittlerweile ist bekannt, dass auch bestimmte Medikamente das Syndrom auslösen oder sogar verstärken können. Das gilt insbesondere für Arzneimittel, die in den Gehirnstoffwechsel eingreifen. Hierzu gehören beispielsweise Medikamente mit einer stimmungsaufhellenden Wirkung (Antidepressiva).
Restless-Legs-Syndrom: Diagnose und Therapie
Die Diagnose erfolgt anhand der typischen RLS-Beschwerden:
- Der Bewegungsdrang in den Beinen zeigt sich lediglich in Ruhe auf.
- In Ruhephasen verstärkt sich der Bewegungsdrang.
- Es treten Missempfindungen wie Kribbeln, Ziehen oder Schmerzen in den Beinen auf.
- Die RLS-Beschwerden zeigen sich verstärkt abends oder nachts.
Darüber hinaus erfolgt eine Blutuntersuchung, um etwaige Mangelzustände ausschließen zu können. Auch eine umfangreiche neurologische Untersuchung ist erforderlich.
Zur Bestätigung der Diagnose führen Ärzte oft einen sogenannten L-Dopa-Test durch. Sollten sich die RLS-Symptome unter der Einnahme von L-Dopa verbessern, kann das die Diagnose bestärken. Verbessern sich die Symptome nicht, bedeutet dies aber noch nicht, dass kein RLS vorliegt. Denn die Zusammenhänge zwischen dem RLS und dem Dopamin-Stoffwechsel sind noch nicht endgültig geklärt.
Die Behandlung der „restless legs“ richtet sich danach, wie stark die Symptome sind und wie sehr der Patient darunter leidet. Wenn mögliche auslösende Erkrankungen ausgeschlossen worden sind, kann dem Patienten ein L-Dopa-Präparat (z. B. Levodopa) verordnet werden. Möglich ist auch die Kombination der Wirkstoffe Levodopa und Benserazid sowie die medikamentöse Therapie mit Dopamin-Agonisten (z. B. Ropinirol, Pramipexol oder Rotigotin). Dabei können Dopamin-Agonisten den Botenstoff Dopamin nachahmen und somit eine dopaminartige Wirkung entfalten.
Wenn es sich um eine sehr ausgeprägte und schmerzhafte RLS-Form handelt, werden dem Patienten auch schon mal Antiepileptika oder starke Schmerzmittel (Opioide) verordnet.
Was hilft gegen das Restless-Legs-Syndrom?
Sollte das Syndrom leicht- bis mittelschwer ausgeprägt sein, können Betroffene sich mit unterschiedlichen Maßnahmen selbst helfen. Viele RLS-Patienten berichten beispielsweise darüber, dass Fußbäder, Wechselduschen und Beinmassagen die Symptome lindern können. Auch können Dehnübungen und regelmäßiger Sport zur Symptomlinderung beitragen. Vor dem Schlafengehen sollten Betroffene zudem auf den Konsum von Alkohol, koffeinhaltige Getränke und Nikotin verzichten, da diese Substanzen die Beschwerden verstärken können.
Darüber hinaus könnte auch die Zufuhr von Vitamin B12, Folsäure und Eisen eine vorteilhafte Wirkung haben. Dies sollte jedoch vorab mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
Unterstützung und Hilfe finden Betroffene bei der Deutschen Restless-Legs-Vereinigung (RLS e. V.).
Medizinisches Cannabis als Therapieoption
Klinische Studien zum Einsatz von Medizinalcannabis beim Restless-Legs-Syndrom existieren nur sehr wenige. Dennoch sind diese wenigen Studien vielversprechend. An der Université de Bordeaux in Frankreich gab es eine Fallstudie mit sechs RLS-Patienten, die zur Linderung der Beschwerden Cannabis konsumierten (1). Fünf der Patienten berichteten, dass die Beschwerden nach dem Cannabiskonsum nahezu ganz verschwanden. Von einer vollständigen Remission sprach sogar ein Patient. Weiter erklärten die Patienten, dass sich die Schlafqualität unter der Cannabiseinnahme signifikant besserte.
Interessant ist auch eine Studie von der Universidad Complutense de Madrid. Bekanntermaßen interagieren die Cannabinoide aus der Cannabis-Pflanze wie Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) mit den Cannabinoid-Rezeptoren (CB1- und CB2-Rezeptoren) des Endocannabinoid-Systems. Die Forscher fanden Hinweise, dass hiermit auch die Dopamin-Freisetzung reguliert werden könnte. Diese Dopamin-Regulierung hat sich schon bei der Therapie von Bewegungsstörungen, beispielsweise bei der Parkinson-Erkrankung, als wirksam gezeigt.
Cannabidiol (CBD) gegen unruhige Beine
Verschiedene Studien legen nahe, dass das nicht-psychoaktive Cannabinoid Cannabidiol (CBD) Symptome wie Tremor (Zittern), innere Unruhe, Angstzustände und Schlafstörungen lindern kann. Der Einsatz von CBD beim Restless-Legs-Syndrom könnte in Erwägung gezogen werden, um die innere Unruhe und die Schlafprobleme zu lösen (2).
In Bezug auf CBD und Bewegungsstörungen sind die Studienergebnisse nicht eindeutig. Beispielsweise erfuhren Parkinson-Patienten in einer Untersuchung keine Symptomlinderung durch eine CBD-Therapie (3). Die Forscher gehen davon aus, dass CBD weniger eine therapeutische Rolle spielen könnte, dafür aber präventiv bei Morbus Parkinson eingesetzt werden könnte. Hier sind allerdings noch weitere Untersuchungen erforderlich.
Fazit
Die aktuellen Studiendaten reichen noch nicht aus, um Schlussfolgerungen bezüglich der mit dem Restless-Legs-Syndrom einhergehenden Bewegungsstörungen zu ziehen. Trotz der weitverbreiteten Publizität über den medizinischen Nutzen von Cannabinoiden sind weitere präklinische und klinische Studien notwendig, um die pharmakologischen und therapeutischen Wirkungen besser zu charakterisieren.
(1) Département de Neurophysiologie Clinique, France, Megelin T1, Ghorayeb I2, 2017, “Cannabis for restless legs syndrome: a report of six patients”
(2) University of São Paulo, São Paulo, Brazil, 2018, „No Acute Effects of Cannabidiol on the Sleep-Wake Cycle of Healthy Subjects: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, Crossover Study“
(3) Universidad Complutense de Madrid, Spain, Rodriguez De Fonseca F1 et al., 2001, “Role of the endogenous cannabinoid system as a modulator of dopamine transmission: implications for Parkinson’s disease and schizophrenia
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