Fast dreiviertel der Cannabisverordnungen in Deutschland dienen der Behandlung von Schmerzen. Von den betroffenen Personen nehmen 70 Prozent eine Verbesserung der Schmerzen wahr. Das zeigt ein Zwischenergebnis der Cannabisbegleiterhebung des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte), das im Februar diesen Jahres veröffentlicht wurde.
Für welche Leiden wird medizinisches Cannabis eingesetzt?
73 Prozent aller Cannabis-Rezepte werden in Deutschland zur Therapie von Schmerzen ausgestellt. Danach folgen mit einem großen Abstand die Behandlung von Spastik (10 %), Anorexie/Wasting (6%) und weitere Leiden (10%). Die Ärzt*innen verordnen in 65 Prozent der Fälle Dronabinol, danach folgen Cannabisblüten, Sativex, Cannabisextrakte und auf dem letzten Platz Nabilon.
Welche Fachgruppen verordnen Cannabis?
Fast die Hälfte (49 %) der Ärztinnen und Ärzte, die Cannabis verschreiben, sind Schmerzmediziner (Anästhesiologen). Danach folgen die Fachgruppen Allgemeinmedizin (17 %), Neurologie (12 %) und Innere Medizin (10 %).
Wie erfolgreich ist eine Cannabistherapie?
Die größte Gruppe der Cannabispatient*innen sind die Personen mit Schmerz als primär behandeltem Symptom. Hier empfanden 34 Prozent ihre Schmerzen als deutlich verbessert und 36 Prozent als moderat verbessert. Das bedeutet, dass medizinisches Cannabis bei insgesamt 70 Prozent der Schmerzpatient*innen die Symptome reduzieren konnte. 28 Prozent nahmen keine Veränderung ihrer Schmerzen wahr.
Bei den Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose als Hauptdiagnose verbesserte sich die Spastik bei 41 Prozent deutlich und bei 43 Prozent moderat.
Die Daten der Erhebung zeigen weiter, dass 35 Prozent der Cannabispatienten und -Patientinnen ihre Therapie innerhalb eines Jahres abgebrochen haben. Bei 25 Prozent lag das an den Nebenwirkungen und bei fast 40 Prozent an einer zu geringen Wirkung der Behandlung. In 21 Prozent der Fälle verstarb die betroffene Person – auch das wird in der Begleiterhebung als Therapieabbruch gewertet.
Private Rezepte nicht erfasst
Wichtig ist bei diesen Ergebnissen zu beachten, dass die Begleiterhebung nicht alle Personen erfasst, die in Deutschland mit Cannabisarzneimitteln therapierte werden. So werden die Daten von Selbstzahlern und -Zahlerinnen, Privatversicherten, stationär und im Rahmen von klinischen Studien behandelten Personen nicht erhoben. Weiterhin sind auch Menschen nicht erfasst, die die Fertigarzneimittel Sativex oder Canemes entsprechend den zugelassenen Anwendungsgebieten erhalten.
Cannabisbegleiterhebung in Deutschland – was ist das?
In Deutschland sind Ärztinnen und Ärzte, die medizinisches Cannabis zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verschreiben, zur Teilnahme an einer Begleiterhebung zur Anwendung dieser Medikamente verpflichtet. Die Erhebung wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchgeführt. Dieses Institut hat nach drei Jahren eine Zwischenbilanz gezogen mit mehr als 10.000 Datensätzen, die bis zum Stichtag der Auswertung am 11.05.2020 vorlagen. Ein Jahr zuvor hatte das BfArM bereits ein Zwischenergebnis auf Basis der bis dahin ausgewerteten Daten veröffentlicht.
Ziele der Erhebung sind das Monitoring von Nebenwirkungen und der Verträglichkeit der Cannabisprodukte. Darüber hinaus soll die Untersuchung zeigen, bei welchen Indikationen Cannabis verschrieben wird. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für die Planung späterer klinischer Studien dienen.