Die Angst ist eine natürliche Reaktion auf bestimmte Situationen und Ereignisse. Sie besitzt sowohl eine warnende als auch eine schützende Funktion. Bei einer Angststörung entwickelt sie jedoch eine Eigendynamik, die für Betroffene sehr belastend ist. Verschiedene Studien und Erfahrungsberichte weisen darauf hin, dass das nicht-psychoaktive Cannabinoid Cannabidiol (CBD) die Symptomatik lindern kann.
In Deutschland ist die Angststörung die häufigste psychische Erkrankung, noch vor der Depression. Rund zwölf Millionen Menschen sind betroffen, Frauen häufiger als Männer [1]. Die Dunkelziffer dürfte bedeutend höher sein, denn oftmals wird eine Angsterkrankung nicht erkannt. Infolge dessen droht nicht nur eine Chronifizierung der Symptome, sondern auch Begleiterkrankungen wie eine Depression.
Wie entsteht das Gefühl von Angst?
Im Körper entsteht die Angst nach einem Schema, das innerhalb weniger Millisekunden abläuft: Die Sinnesorgane nehmen einen Reiz wahr, der in das Gehirn „transportiert“ wird und von der Großhirnrinde unter Einbeziehung der Erfahrungen in der Vergangenheit interpretiert wird.
Diese „Interpretation“ gelangt dann in das limbische System. Dieses besteht aus der Amygdala (Mandelkern) sowie dem Hippocampus. Während die Amygdala bei der Wiedererkennung von Situationen, bei der emotionalen Bewertung sowie der Gefahrenanalyse eine wichtige Rolle spielt, signalisiert der Hippocampus dem Nebennierenmark, verschiedene Stress-Hormone wie Adrenalin, Kortison, Noradrenalin und Kortisol auszuschütten.
Was passiert im Körper bei Angst?
In Urzeiten hat die Angst den Menschen auf die Flucht oder den Angriff vorbereitet. Das war überlebenswichtig und deshalb sind die Angstsymptome auch normale Reaktionen des Körpers:
Das Herz schlägt schneller und der Blutdruck steigt. Die Blutgefäße verengen sich und der Organismus wird stärker durchblutet. Hierdurch spannen sich auch die Skelettmuskeln an und die Pupillen weiten sich.
Des Weiteren verdickt sich das Blut. Hiermit bereitet sich der Körper auf mögliche Verletzung vor. Damit der Körper mit mehr Sauerstoff versorgt wird, erweitern sich die Bronchien. Der Mensch atmet schneller. Auch der Stoffwechsel arbeitet schneller, umso mehr Energie bereitstellen zu können.
Die Verdauung (Harn- und Stuhldrang), stellt der Körper ein. Ebenso das Appetitgefühl und den Hunger. Gleichzeitig steigen Blutfettwerte und Blutzuckerspiegel. Die Körpertemperatur steigt und es kann zu kalten Schweißausbrüchen kommen.
Aufgrund dieser Vorgänge im Körper fühlt sich der Mensch in einer Angstsituation erregt und nervös, gleichzeitig aber auch hellwach und auf die „Gefahr“ fokussiert.
Was ist eine Angststörung?
Eine Angststörung liegt vor, wenn die Angstsymptome in nicht lebensbedrohlichen Situationen in übersteigerter Weise auftreten. Es wird zwischen den folgenden Angststörungen differenziert:
- Panikstörung: Obwohl keine reale Gefahr besteht, treten in verschiedenen Situationen plötzlich Panikattacken auf. Zum Beispiel kann beim Warten in der Kassenschlange im Supermarkt völlig unbegründet Panik auftreten. Dabei kommt es den Betroffenen so vor, als würden die Panikattacken „aus heiterem Himmel“ kommen. Die Angstreaktion wird dann als gesundheitlich bedrohlich gewertet, weil verschiedene Symptome wie Atemnot, Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel und Übelkeit auftreten.
- Agoraphobie und Klaustrophobie: Bei der Platzangst und der Angst vor engen, geschlossenen Räumen ist der Auslöser bekannt. Begeben sich Betroffene in diese Situationen, tritt die entsprechende Angstsymptomatik auf.
- Generalisierte Angststörung: Die Betroffenen leiden unter anhaltenden, übersteigerten Sorgen, Befürchtungen und Ängsten, die meist unbegründet sind. Es treten verschiedene körperliche Beschwerden auf, wie zum Beispiel Nervosität, ständige Anspannung, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen. Viele Patienten entwickeln mit der Zeit auch eine Depression.
- Soziale Phobie: Menschen mit einer sozialen Angststörung nehmen nicht oder nur selten an gesellschaftlichen Zusammenkünften teil. Zu groß ist die Angst vor Ablehnung. Zudem befürchten sie häufig, dass sie den Erwartungen anderer Menschen nicht entsprechen können. Begleitet werden diese Sorgen auch von körperlichen Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall/Verstopfung, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Beklemmungs- und Schwindelgefühle.
Angststörung: Was sind die Ursachen?
Die Ursachen von Angsterkrankungen sind bis heute nicht endgültig geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass verschiedene psychologische und auch genetische Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Mögliche Auslöser können beispielsweise Depressionen, langanhaltende Stress-Phasen sowie traumatische Erlebnisse sein.
Es existieren auch Theorien über neurobiologische Faktoren. So scheint bei Patienten das Gleichgewicht von Neurotransmittern (Botenstoffen), wie beispielsweise Serotonin, Noradrenalin oder der Gamma Aminobuttersäure (GAB) gestört zu sein.
Häufig ist es gar nicht möglich, die eine Ursache herauszufinden, denn zu den zuvor genannten Faktoren gesellen sich auch die individuellen Lebensumstände.
Behandlung der Angststörung
An erster Stelle steht eine kognitive Verhaltenstherapie. Es handelt sich hierbei um eine bewährte Methode, um Ängste zu bewältigen.
Im Rahmen der Verhaltenstherapie wird gemeinsam mit dem Patienten zunächst erarbeitet, wie die Angst entstanden ist, bzw. in welchen Situationen sie auftritt. Wichtig ist hier auch herauszufinden, welche Faktoren die Angst aufrechterhalten. Oftmals wird dem Patienten dann auch klar, ob die Ängste und Panikattacken beispielsweise mit lang anhaltenden Stressphasen oder einem belastenden Ereignis zusammenhängen.
Für viele Patienten ist es auch eine große Erleichterung, wenn sie erfahren, dass die unterschiedlichen Symptome nicht etwa durch eine schwere körperliche Erkrankung zustande kommen, sondern durch die Angst. Im nächsten Schritt erlernen die Patienten verschiedene Strategien zur Bewältigung der Angst.
Ergänzt wird die Verhaltenstherapie meist noch durch eine stufenweise Konfrontationsbehandlung, in der sie das Gelernte umsetzen können.
Medikamentöse Behandlung
Wenn die Angst und Panikattacken sehr belastend und der Leidensdruck hoch sind, sodass das Leben nicht mehr gemeistert oder die Alltagstätigkeiten nicht mehr uneingeschränkt ausgeführt werden können, kann eine medikamentöse Therapie unterstützend zum Einsatz kommen. Psychopharmaka können die Angstsymptome lindern, die psychische Erkrankung aber nicht „heilen“. Auch eine Verhaltenstherapie können Medikamente nicht ersetzen.
Am häufigsten bekommen Angstpatienten Antidepressiva, die sogenannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) verordnet, die angstlösend, stimmungsaufhellend und aktivierend wirken sollen. Die Wirkung tritt allerdings erst nach zwei bis vier Wochen ein. Hinzu kommt, dass diese Medikamente Nebenwirkungen haben können:
- Mundtrockenheit
- Übelkeit
- Durchfall/Verstopfung
- vermehrtes Schwitzen
- Schwindel
- Kopfschmerzen
- Schlafstörungen
- Libidoverlust
- Gewichtszunahme
Inwiefern SSRI tatsächlich bei Angststörungen wirksam sein können, ist nicht belegt. Im Deutschen Ärzteblatt hieß es im Jahr 2013, dass SSRI gut verträglich seien und eine positive Wirkung auf die Angstsymptomatik ausüben können[2]. Hingegen führte die Weisse Liste gemeinnützige GmbH im Jahr 2017 aus, dass Antidepressiva lediglich bei 54 von 100 Betroffenen wirken würden[3].
Gegen akute Angstzustände und Panikattacken können Benzodiazepine wie Lorazepam oder Diazepam verschrieben werden. Die Wirkung tritt innerhalb weniger Minuten ein. Nebenwirkungen können Benommenheit, eingeschränktes Denkvermögen, Schwindel, Blutdruckabfall und Muskelschwäche sein.
Grundsätzlich eignen sich Benzodiazepine nur für den kurzfristigen Einsatz, da sie ein starkes Abhängigkeitsrisiko bergen.
Cannabidiol (CBD) besitzt therapeutisches Potenzial bei Angststörungen
Cannabidiol (CBD) ist ein nicht-psychoaktives Cannabinoid aus der Cannabis-Pflanze, das eine krampflösende, entzündungshemmende und entspannende Wirkung hervorrufen kann. Mittlerweile existieren verschiedene Studien, in denen die Wirkungsweise des Cannabinoids auf das Gehirn sowie das Nervensystem untersucht wurde.
Cannabinoide können die körpereigenen Cannabinoidrezeptoren CB1 und CB1 aktivieren, die Teil des Endocannabinoid-Systems sind. Es wird angenommen, dass CBD auch auf den 5-HT1A-Rezeptor im Gehirn einen direkten Einfluss haben kann. Dieser Rezeptor ist ein wichtiger Bestandteil des zentralen Nervensystems. Binden sich bestimmte Substanzen an den 5-HT1A-Rezeptor, kann dies eine angstlösende Wirkung entfalten. Beispielsweise binden die SSRIs an diesen Rezeptor.
Interessante Studien zu CBD und Angst
In einer Studie aus dem Jahr 2016 konnten spanische Forscher an Tiermodellen zeigen, dass CBD die Serotonin- und Glutamat-Signalisierung verstärkte und den 5-HT1A-Rezeptor aktivierte[4]. Die Forscher schlussfolgerten aus den Ergebnissen, dass CBD das Potenzial besitzt, Angstzustände zu lindern.
Dass CBD in limbischen und paralimbischen Gehirnteilen eine positive Wirkung entfalten kann, zeigte auch schon eine klinische Studie aus dem Jahr 2011[5]. Forscher der Universität Sao Paulo in Brasilien teilten die Studienteilnehmer mit einer generalisierten Angststörung in zwei Gruppen auf. Während die erste Gruppe 400 Milligramm Cannabidiol erhielt, bekamen die Teilnehmer in der zweiten Gruppe ein Placebo. Am nächsten Tag nahm die Placebo-Gruppe das CBD ein und die andere Gruppe bekam ein Placebo. Die Teilnehmer aus der jeweiligen CBD-Gruppe berichteten von einem angstlindernden Effekt.
Forscher der New York University School of Medicine bestimmten im Jahr 2015 das Potenzial von Cannabidiol (CBD) zur Behandlung von angstbezogenen Störungen, indem sie die Evidenz aus verschiedenen präklinischen, humanen experimentellen, klinischen und epidemiologischen Studien bewerteten[6].
In ihrem Bericht heißt es, dass die vorhandene präklinische Evidenz den Einsatz von CBD bei generalisierter Angst, Panikstörungen und sozialer Angst unterstützt. Sie erklärten aber auch, dass nur wenige Studien die längerfristige Einnahme von CBD untersucht haben. Dies müsse in weiteren relevanten klinischen Populationen untersucht werden.
Fazit Wenn die Gefühle von Angst und Panik übermächtig werden und das Leben stark einschränken, ist es für Betroffene sehr wichtig, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine kognitive Verhaltenstherapie sollte hier an erster Stelle stehen. Medikamente wie Antidepressiva oder auch medizinisches CBD können in schweren Fällen unterstützend eingesetzt werden. Eine Therapie können sie jedoch nicht ersetzen.
[1] Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, 2017, „Wenn Angst krankhaft wird“
[2] Deutsches Ärzteblatt, Bandelow et al., 2013, „Generalisierte Angststörung“
[3] Weisse Liste gemeinnützige GmbH, 2017, „Wirken Medikamente bei Angststörungen?“
[4] Universidad de Cantabria, Raquel Linge et al., 2016, „Cannabidiol Induces Rapid-Acting Antidepressant-Like Effects and Enhances Cortical 5-HT/glutamate Neurotransmission: Role of 5-HT1A Receptors“
[5] University of São Paulo, Crippa JA1 et al., 2011, „Neural Basis of Anxiolytic Effects of Cannabidiol (CBD) in Generalized Social Anxiety Disorder: A Preliminary Report“
[6] New York University School of Medicine, New York, NY USA, M. Blessing et al., 2015, „Cannabidiol as a Potential Treatment for Anxiety Disorders“
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