Cannabis bei Krebs – ein Überblick zum Stand der Forschung

Cannabis bei Krebs

Krebs – eine Diagnose, die Angst macht. Medizinisch handelt es sich dabei um eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen. Aber egal um welche Krebsart es geht, eines haben alle gemeinsam: Gesundes Gewebe wird durch die unkontrollierte Vermehrung von entarteten, bösartigen Zellen zerstört. Diese teilen sich immer weiter und bilden Tumore. Wenn sich der Krebs im Körper ausbreitet, bilden sich sogenannte Metastasen.

Cannabinoide werden in der Behandlung von Krebs eingesetzt, um Beschwerden wie Schmerzen, Übelkeit und Appetitverlust zu lindern. Darüber hinaus häufen sich wissenschaftliche Hinweise, dass Cannabis bei der Bekämpfung von Krebserkrankungen hilfreich sein kann.

Welche Arten von Krebs sind am häufigsten?

In Deutschland sterben pro Jahr laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum etwa 220.000 Menschen an Krebs. Ungefähr 500.000 Erkrankungen werden jedes Jahr festgestellt [1]. Die häufigsten Krebserkrankungen beim Mann sind Prostatakrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs. Frauen erkranken vor allem an Brustkrebs sowie ebenfalls an Darm- und Lungenkrebs. Oft treten auch Schwarzer Hautkrebs und Gebärmutterhalskrebs auf. Aber nicht jede Tumorerkrankung ist Krebs, denn es gibt sowohl bösartige wie gutartige Tumore. Nur bösartige Tumore werden als Krebserkrankung bezeichnet.

Die häufigsten Krebsarten:

  • Brustkrebs (bei der Frau)
  • Darmkrebs
  • Lungenkrebs
  • Prostatakrebs (bei dem Mann)
  • Schwarzer Hautkrebs
  • Gebärmutterhalskrebs (bei der Frau)

Bösartige Tumorerkrankungen sind die zweithäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es gibt aber auch gute Nachrichten: Die Überlebensaussichten nach einer Krebserkrankung haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert [1]. 

Behandlung von Krebs

Die Therapie eines bösartigen Tumors ist sehr individuell. Sie ist abhängig von vielen unterschiedlichen Faktoren, sowohl in Bezug auf die Krebsform wie auch auf die Betroffenen. So richtet sich der Therapieplan nach der Art des Tumors, der Lage und danach, wie fortgeschritten die Krankheit ist. Wie alt ist die betroffene Person, wie ist ihr Allgemeinzustand, haben sich bereits Metastasen gebildet? Das sind verschiedene Aspekte, die die behandelnden Ärztinnen oder Ärzte beachten. Wenn möglich, ist das Ziel einer Krebstherapie, den Patienten zu heilen. Mediziner sprechen hier von einer kurativen Therapie.

Wichtige Behandlungsoptionen, die bei Krebs zur Wahl stehen:

  • Operation
  • Chemotherapie
  • Bestrahlung
  • Knochenmarks- oder Stammzelltherapie
  • (Anti-)Hormontherapie
  • Antikörpertherapie (Immuntherapie)
  • Zielgerichtete Krebstherapie (spezielle Arzneimittel gehen gegen Tumorzellen vor)
  • CAR-T-Zell-Therapie

Cannabis gegen Nebenwirkungen der Chemo

Medizinisches Cannabis hilft Krebspatienten und -patientinnen auf unterschiedliche Weise. So hat sich gezeigt, dass Cannabis Tumorschmerzen reduzieren kann [2]. Außerdem kann es die starken Nebenwirkungen einer Chemobehandlung lindern. Häufig leiden die Betroffenen an Übelkeit, Erbrechen, Appetitverlust und Schlaflosigkeit. Medizinisches Cannabis wird in diesem Bezug schon seit Längerem eingesetzt, um die Lebensqualität von Krebspatienten zu verbessern. Interessant ist aber auch die positive Wirkung von Cannabis auf depressive Stimmungen [3].

In Deutschland ist derzeit das Fertigarzneimittel Canemes zur Behandlung von erwachsenen Krebspatienten mit Übelkeit und Erbrechen aufgrund einer Chemotherapie zugelassen. Der darin enthaltene Wirkstoff Nabilon ist eine vollsynthetische Variante des Cannabinoids Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC).

Krebs und Cannabis

Studien zeigen, dass die medizinische Anwendung von Cannabis bei Weitem nicht nur dabei hilft, den schweren Nebenwirkungen einer Krebsbehandlung entgegenzuwirken. Wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass cannabisbasierte Arzneimittel auch krebshemmende Eigenschaften besitzen.

Eine Übersichtsarbeit der Universität Rostock aus dem Jahr 2018 hat das Antitumor-Verhalten von Cannabinoiden untersucht [4]. Dafür haben die Wissenschaftler Ergebnisse der bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Studien zum Thema ausgewertet. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass Cannabinoide als mögliche systemische Krebsmedikamente von Interesse sind. Vor allem Cannabidiol (CBD) nimmt hier laut der Wissenschaftler eine herausragende Rolle ein. CBD besitze “nachweislich ein breites Spektrum an antikanzerogenen Eigenschaften”.

Wie wirken Cannabinoide gegen Krebs?

Wie genau Cannabis Krebs bekämpfen kann, ist komplex und noch nicht ausreichend erforscht. Cannabinoide werden aber von Wissenschaftlern als ein vielversprechendes Mittel in der Krebstherapie angesehen – und “nicht nur als Palliativmittel, sondern auch als Antitumor-Medikamente” [5]. In einer Studie zeigten Cannabinoide eine hohe krebsbekämpfende Wirkung bei Brustkrebs und Prostatakrebs.

Krebshemmende Eigenschaften von Cannabinoiden:

  • Hemmung des Wachstums von Krebszellen (Proliferation)
  • Verringerung der Lebensfähigkeit von Tumorzellen
  • Auslösung des Zelltodes (Apoptose)
  • Auslösung der “Selbstverstümmelung” von Zellen (Autophagie)
  • Hemmung der Metastasierung
  • Erhöhung der Sensibilisierung von resistenten Krebszellen gegenüber Chemotherapien

Eine Studie aus dem Jahr 2019 bestätigt, dass Laboruntersuchungen sowie Tierstudien zeigen, dass Cannabinoide das Tumorwachstum wirksam regulieren können [6]. Die Wissenschaftler kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass die Antitumorwirkung weitgehend von der Krebsart und der Dosis oder der Konzentration des Cannabis-Medikaments abhängig zu sein scheint.

Für die Forscher steht daher fest: Wir brauchen ein besseres Verständnis davon, wie Cannabis in der Lage ist, wesentliche Zellprozesse zu regulieren, die an der Tumorentstehung und dem Zelltod beteiligt sind. Ebenso ist weitere Forschung in die Wechselwirkungen zwischen Cannabinoiden und dem Immunsystem essenziell. Denn diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sind “entscheidend für die Verbesserung bestehender und die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze für Krebspatienten” [6].

CBD unterstützt Chemotherapie

Die Rolle von CBD im Kampf gegen Krebs untersuchte 2018 eine wissenschaftliche Studie der London Metropolitan University [7]. Die Forscher konnten in vivo zeigen, dass Cannabidiol (CBD) die Freisetzung von Exosomen und Mikrovesikeln (EMV) bei Prostatakrebs, Leberzellkarzinom und Adenokarzinom der Brust hemmt. So werden Krebszellen empfindlicher gegenüber Chemotherapeutika und das Krebswachstum kann begrenzt werden. Allerdings zeigte sich auch hier, dass die Wirkung von der Dosis abhängt.

Die Studie kommt zu dem Fazit, dass Cannabidiol verwendet werden kann, um Krebszellen anfälliger für eine Chemotherapie zu machen und diese somit zu optimieren. Eventuell könnte CBD dabei helfen, dass bereits eine geringere Dosis der Chemotherapie für die Behandlung ausreichend ist und den gewünschten Therapieerfolg herbeiführt.

Aber nicht nur CBD ist von großem Interesse für die Wissenschaft. In den letzten Jahren ist die Forschung auch auf Cannabidiolsäure (CBDA) aufmerksam geworden. Forscher der Hiroshima International University in Japan haben Hinweise darauf gefunden, dass CBDA in der Lage sein könnte, die Produktion eines bestimmten Enzyms zu hemmen [8]. Dadurch wäre es ein relevantes Mittel im Kampf gegen Krebs. Allerdings bedarf es auch hier noch weiterer Forschung, bevor die Zusammenhänge ausreichend geklärt sind.

Einfluss der Zusammensetzung eines Cannabisextraktes 

Die Cannabispflanze enthält eine große Zahl von Phytocannabinoiden, Terpenen und anderen Komponenten, die einen synergetischen Effekt haben – auch “Entourage-Effekt” genannt. Die biologischen Wirkungen und das Zusammenspiel dieser Cannabis-Verbindungen sind noch nicht vollständig verstanden. Dennoch beeinflussen sie die therapeutische Wirkung der Cannabis-Pflanze. 

Eine israelische Studie aus dem Jahr 2019 hat es sich zum Ziel gesetzt, die Antitumor-Wirkung verschiedener Phytocannabinoide auf unterschiedliche Krebslinien zu untersuchen [9]. Dafür wählten die Wissenschaftler 12 unterschiedliche Cannabisextrakte aus. Die Extrakte beeinflussten das Überleben und die Vermehrung der Tumorzellen. Was aber besonders interessant ist: Die Ergebnisse zeigen, dass reines THC nicht die gleiche Wirkung auf die Zellen hatte wie die Cannabis-Vollextrakte. Darüber hinaus erzeugten Cannabisextrakte mit ähnlichen Mengen von THC dennoch signifikant unterschiedliche Effekte auf das Überleben der bösartigen Zellen. 

Die Wissenschaftler kommen daher zu dem Ergebnis, dass “die Wirkung eines Cannabisextrakts auf eine bestimmte Linie von Krebszellen von der Zusammensetzung des Extrakts sowie von bestimmten Merkmalen der anvisierten Zellen abhängt”.

Fazit: Krebs und Medizinalcannabis

Inzwischen hat Cannabis eine anerkannte Rolle in der Therapie von Krebspatienten und -patientinnen. Cannabinoide kommen bei der Bekämpfung von Tumorschmerzen, Schlaflosigkeit und Depression zum Einsatz. Sie können darüber hinaus die Nebenwirkungen der Chemobehandlung, wie Übelkeit, Erbrechen und Appetitverlust, lindern. Somit hat 

Medizinalcannabis bereits jetzt zurecht einen Platz in der Therapie von Krebs, denn als Add-on-Medikation leistet es einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität von Patientinnen und Patienten.

Inzwischen zeigt die Wissenschaft aber auch immer mehr Interesse an Cannabis für die Primärbehandlung von Krebs. Studienergebnisse zeigen, dass Cannabinoide die Vermehrung und Ausbreitung von Krebszellen behindern können. Allerdings wurden die Mechanismen, die dahinterstecken, noch nicht vollständig geklärt. 

Ein weiterer entscheidender Aspekt scheint die Zusammensetzung des jeweiligen Cannabis-Medikaments zu sein. Hier haben Untersuchungen gezeigt, dass der Entourage-Effekt eine Auswirkung auf die Effektivität des Arzneimittels im Kampf gegen Krebs hat.

Weitere wissenschaftliche Untersuchungen und vor allem größere klinische Studien sind nötig, um Medizinalcannabis optimal gegen Krebserkrankungen einzusetzen. Sein Potenzial ist aber bereits jetzt erkennbar – und das nicht nur in der palliativen Therapie, sondern auch im Einsatz gegen bösartige Tumorzellen.

 

[1] Deutsches Krebsforschungszentrum, Krebsrisikofaktoren und Prävention, zuletzt aufgerufen 11.11.2020

[2 Byars T, Theisen E, Bolton DL. Using Cannabis to Treat Cancer-Related Pain. Semin Oncol Nurs. 2019 Jun;35(3):300-309. doi: 10.1016/j.soncn.2019.04.012. Epub 2019 Apr 30. PMID: 31053395.

[3] Turgeman I, Bar-Sela G. Cannabis for cancer – illusion or the tip of an iceberg: a review of the evidence for the use of Cannabis and synthetic cannabinoids in oncology. Expert Opin Investig Drugs. 2019 Mar;28(3):285-296. doi: 10.1080/13543784.2019.1561859. Epub 2018 Dec 29. PMID: 30572744.

[4] Hinz B, Ramer R. Anti-tumour actions of cannabinoids. Br J Pharmacol. 2019 May;176(10):1384-1394. doi: 10.1111/bph.14426. Epub 2018 Aug 7. PMID: 30019449; PMCID: PMC6487602.

[5] Fraguas Sánchez, A. I.: Phyto-, Endo- And Synthetic Cannabinoids: Promising Chemotherapeutic Agents in the Treatment of Breast and Prostate Carcinomas. Expert Opin Investig Drugs 2016. 25(11):1311-1323.doi: 10.1080/13543784.2016.1236913.

[6] Dariš B, Tancer Verboten M, Knez Ž, Ferk P. Cannabinoids in cancer treatment: Therapeutic potential and legislation. Bosn J Basic Med Sci. 2019 Feb 12;19(1):14-23. doi: 10.17305/bjbms.2018.3532. PMID: 30172249; PMCID: PMC6387667.

[7] Kosgodage US, Mould R, Henley AB, Nunn AV, Guy GW, Thomas EL, Inal JM, Bell JD, Lange S. Cannabidiol (CBD) Is a Novel Inhibitor for Exosome and Microvesicle (EMV) Release in Cancer. Front Pharmacol. 2018 Aug 13;9:889. doi: 10.3389/fphar.2018.00889. PMID: 30150937; PMCID: PMC6099119.

[8] Takeda S, Himeno T, Kakizoe K, Okazaki H, Okada T, Watanabe K, Aramaki H. Cannabidiolic acid-mediated selective down-regulation of c-fos in highly aggressive breast cancer MDA-MB-231 cells: possible involvement of its down-regulation in the abrogation of aggressiveness. J Nat Med. 2017 Jan;71(1):286-291. doi: 10.1007/s11418-016-1030-0. Epub 2016 Aug 16. PMID: 27530354.

[9] Baram L., Peled E., Berman P., Yellin B., Besser E., Benami M., Louria-Hayon I., Lewitus G. M., Meiri D. The heterogeneity and complexity of Cannabis extracts as antitumor agents. Oncotarget. 2019; 10: 4091-4106.


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About Gesa Riedewald

Gesa Riedewald is the managing director of Kalapa Germany. She has been working as a medical writer on the topic of pharmaceutical cannabis since 2017 and has years of experience in the healthcare sector.

Gesa Riedewald ist die Geschäftsführerin von Kalapa Deutschland. Sie ist bereits seit 2017 als medical writer für das Thema Cannabis als Medizin tätig und besitzt jahrelange Erfahrung im Bereich Healthcare.

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