Mit bedeutenden Fortschritten in der Forschung bezüglich der Rolle von Cannabinoidrezeptoren beim Knochenverhalten soll in diesem Artikel festgestellt werden, ob ein therapeutischer Einsatz von Cannabinoiden auch bei der Knorpelrekonstruktion möglich ist. Aufgrund der Verbreitung von Knorpelerkrankungen und der langen Regenerationszeit von Knorpelgewebe stellt dies ein wichtiges Forschungsfeld der Medizin dar.
Regenerative Medizin (Gewebeaufbau)
In einem Artikel, veröffentlicht im Jahre 2000, wird „Tissue Engineering“ als die aufstrebende Disziplin des Erstellens von menschlichen Körperteilen definiert. Tissue Engineering beruht auf molekularem Bioengineering. Dabei sollte die Ersetzung des verlorenen Gewebes ähnliche biologische Funktionen erfüllen.
Zur Herstellung biomimetischer Substitute wurden drei Grundbestandteile identifiziert: induktive Signale, responsive Kandidatenzellen und eine geeignete extrazelluläre Matrix (EZM). Signale, wie Wachstumsfaktoren, sind ein wesentlicher Bestandteil jedes gewebezüchtenden Biomaterials, da die meisten Kandidatenzellen, die an Gewebezüchtungsprozessen beteiligt sind, ihr intrinsisches Differenzierungsprogramm verlieren. Bis heute haben weder herkömmliche Behandlungen noch chirurgische Techniken zum Wiederaufbau von verlorenem Knorpelgewebe langfristig zufriedenstellende Ergebnisse geliefert. Daher ist die Zukunft dieser neuen Wissenschaft besonders für degenerative Gelenkerkrankungen sehr vielversprechend. In Kombination mit Cannabinoid-Medikamenten wäre zudem ein deutlich besseres Management der Therapie möglich.
Endocannabinoid System (ECS)
Das Endocannabinoid System besteht aus Endocannabinoid-Liganden. Die bekanntesten sind Anandamid und 2-Arachidonoylglycerol. Bei diesen Liganden handelt es sich um Moleküle; die durch Bindung an die Cannabinoid-Rezeptoren (CB1 und CB2) und an die Enzyme, die Endocannabinoide synthetisieren und abbauen, ein Signal erzeugen. CB1-Rezeptoren treten hauptsächlich im zentralen und peripheren Nervensystem auf, in dem sie die Hemmung der Neurotransmitterfreisetzung vermitteln. Insbesondere das Verteilungsmuster der Rezeptoren CB1 auf spinaler, supraspinaler und peripherer Ebene unterstützt ihre Fähigkeit die Anzeichen einer Analgesie sowohl bei Tieren als auch beim Menschen hervorzurufen.
CB2-Rezeptoren befinden sich dagegen hauptsächlich auf Immunzellen. Es wurde jedoch berichtet, dass CB2 bei Depressionen, Erbrechen und Drogenmissbrauch mitwirkt und eine größere Rolle spielt als die auf periphere und abwehrende Zellen beschränkten Rezeptoren. In jedem Fall implizieren neuartige Beweise das Endocannabinoidsystem in einer Vielzahl von physiologischen und pathophysiologischen Prozessen.
Chondrozyten und ECS
Chondrozyten sind Zellen, die in gesundem Knorpel vorhanden sind und die knorpelige Matrix (hauptsächlich Kollagen und Proteoglykane) herstellen und aufrechterhalten.
Synthetische Cannabinoide wirken bei Tieren als Knorpelschutzmittel, indem sie die Stickstoffoxidproduktion hemmen und den Abbau der Proteoglykane (des Füllstoffmaterials, das zwischen Zellen in einem Organismus steht) aufheben. Eine andere Studie zeigte, dass Cannabinoid-Rezeptoren vom Typ 1 (CB1) und 2 (CB2) in arthrosen Gelenkchondrozyten des Menschen abgegeben werden. In derselben Forschung konnte festgestellt werden, dass ein synthetisches Cannabinoid die Entzündungssignalproduktion in bovinen Gelenkchondrozyten hemmt.
Eine andere Publikation ergab, dass CB1 und CB2 in Hilfsknorpelzellen wie Fibroblasten, Myofibroblasten und Synoviozyten auftreten. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse auch, dass die Aktivierung des Endocannabinoidsystems die Knorpelzerstörung lindert, indem die durch Fibroblasten sezernierte Metalloproinase (Enzyme, die Kollagen im Raum zwischen den Zellen aufbrechen) verringert wird. Die Ajulemiasäure ist ein synthetisches Cannabinoid, welches als Analogon von 11-Nor-9-carboxy-THC das wichtigste nicht-psychoaktive Metabolit von Δ9-THC darstellt. Diese Säure induziert ein entzündungshemmendes Profil von Eicosanoiden in menschlichen Synovialzellen, die den Abbau von Knorpel verhindern.
Die Erforschung des Endocannabinoidsystems über Mesenchymale Stammzellen (MSCs), bei denen es sich um Knorpelvorläufer handelt, ergab positive Ergebnisse. Drei Faktoren von MSCs untersucht: Überleben, Migration und Differenzierung. Es wurde festgestellt, dass das Vorhandensein von Δ9-THC während einer Entzündung (akuter Stress) das Überleben von MSCs erhöht. Darüber hinaus wurde durch Anandamid ein signifikanter Anstieg der Migration von MSCs an die Stellen des Gewebeschadens induziert. Dies führt zu einer beschleunigten Regeneration des Knorpelgewebes und einem größeren Erfolg von gewebezüchtenden Strategien. Schließlich verbessert Δ9-THC auch die Chondrogenese von Mesenchymalen Stammzellen. Es wurde gezeigt, dass MSCs sich in Chondrozyten teilen, was durch eine Proliferation der Kollagen-II-Expression und das Vorhandensein von Proteoglycan-Ablagerungen in der extrazellulären Matrix bestimmt werden konnte.
Abschließend erwies Cannabidiol (CBD),ein anderes nicht-psychoaktives Phytocannabinoid, kombinierte immunsuppressive und entzündungshemmende Wirkungen in einem Mausmodell für rheumatoide Arthritis.
Fazit
Die oben erwähnten Fakten zeigen auf, wie das Endocannabinoid-System die Hauptfacetten der mesenchymalen Stammzellen beeinflussen kann. Dies beweist die Vorteile von Medikamenten auf Cannabinoidbasis bei gewebezüchtenden Anwendungen, um den Abbau des Knorpels zu mildern und den Wiederaufbau zu erleichtern. Zum Beispiel bieten die Eigenschaften von CBD einen hervorragenden Schutz gegen histologische Verletzungen. Insbesondere bei arthritischen Erkrankungen können die hervorgerufenen Symptome gelindert werden.
Trotzdem sind weitere Untersuchungen zu medizinischem Cannabis beim Menschen erforderlich, um alle pharmakologischen Mechanismen, durch die der Zusammenbruch von Knorpel durch Cannabiskonsum verhindert wird, besser zu verstehen.
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